JT44-Funkbetrieb: Erfolge und Tücken 

Bilder kommen bald....

Dieser Bericht wurde gekürzt in der cq-DL veröffentlicht. Nur hier ausführlich!!

Heinrich F. Reckemeyer, DJ9YW

JT44 – eine Abkürzung die in vergangener Zeit öfter gefallen ist. Es handelt sich um eine Betriebstechnik in AFSK ab 50 MHz...SHF und höher, bei der größere Entfernungen überbrückt werden können. Lesen Sie Erfahrungen aus der Praxis.

JT44 ist besonders für Tropo und EME-Verbindungen geeignet. Es ist ein PC-Programm-Modus zur Kommunikation mit schwachen HF-Signalen. Entwickler ist der Nobelpreisträger Joe Taylor, K1JT. Zu finden ist die Software im Gesamtprogramm “WSJT“ (Weak Signal Communication, by K1JT)[1]. In der normalen SSB-Stellung (USB) des Transceivers werden 44 Audio Töne zwischen 1270,5...1755 Hz aus der Soundkarte des PCs übertragen. Der erste Ton wird zur Synchronisation beider QSO-Partner verwendet. Die weiteren Töne entsprechen jeweils einem Zeichen, Buch-staben, oder einer Zahl, sodass alle Informationen sende- und empfangsmässig im Klartext erscheinen. Gewünschte Rufzeichen, QSO-Texte, Rapporte usw. sind problemlos mit der Tastatur einzugeben und werden durch einmaliges Anklicken so oft wie nötig in 30-s-Paketen abgeschickt und erscheinen dann auf dem PC-Display. Die aus dem Empfänger als NF kommenden Signale werden im DSP des PCs ausgewertet. Hier liegen die Qualitäts Merkmale der Software, welche wirklich Informationen sichtbar machen kann, die unter dem Rauschen liegen. Alle vorher vom Autor über Jahre getesteten DSP und Software-Systeme brachten kaum eine Verbesserung des S/N bei gleichzeitig erforderlicher Dekodierung der QSO Daten. Einige Geräte   verschlechterten das Signal sogar durch Rumpeln oder Roboterklang. Analoge Filter brachten bei CW immerhin noch +2 dB S/N.

 

Von der Idee zum DX-QSO mit JT44

Als ich Aug. 2001 von Bodo, DL3OCH erfuhr, dass er im September 2002 eine KW-DXpedition zu den Inseln Jersey und Guernsey im Ärmelkanal plante, wurde der Gedanke geboren, trotz der Entfernung von fast 900 km auch einmal auf 23cm CW-QSOs auszuprobieren. Was noch fehlte, war das nötige Equipment. Auf beiden Seiten standen je ein IC-706 zur Verfügung. Die 23cm Transverter mussten aber noch entwickelt werden. Um die Ausgewogenheit von Rx-Empfindlichkeit und Tx-Ausgangsleistung zu gewährleisten, wurden zwei gleiche Geräte gefertigt. Das Rauschmaß (NF) ergab  mit dem Nachsetzer über alles gemessen: 2,1 dB. Da bei Bodo der 12V KFZ-Betrieb möglich sein musste, wurde ein Schaltnetzteil für die 28V LD-MOS PA in den Transverter  integriert. Die Po ließ sich von 70W im C-Betrieb auf 95W im AB-Betrieb umschalten. Zwischenzeitlich tauchte das Programm von K1JT auf. Damit könnten die Erfolgsaussichten erheblich gesteigert werden. Bodo baute nun für die beidseitigen PCs je ein galvanisch entkoppeltes Interface. Gleichzeitig wurden vom Verfasser gewinn-optimierte 23-cm-Yagis entwickelt, die auch noch bei Regen spielen sollten. Eine Länge von 4 m ergab für den Portabel-Betrieb und den Transport eine sinnvolle Lösung. Der gemessene Gewinn lag bei 18,7 dBd (nass=18,6dBd).

 

 

 

 

JT44 Ausrüstung: Laptop, Transverter BJ250A, IC-706

 

JT44 Einstellungen und Test-Phase im Shack

Durch die große QTH Entfernung von Bodo und mir ergab sich nur einmal die Testmöglichkeit der Geräte im Shack. Dazu mussten die Pegel für die PC-Soundkarte noch angepasst und PTT über die serielle Schnittstelle zugeführt werden. Über das Setup-Menü des angewählten JT44-Programm-Modus wurde softwaremäßig die TX Aussteuerung eingestellt.

Im Gegensatz zu FSK441 ergeben sich durch die nur geringe NF-Frequenzbreite unwesentliche Amplituden-Sprünge. Konstante Vollaussteuerung birgt den Vorteil, dass bezüglich TVI oder EMV die Aussendung wie FM behandelt werden kann und die PA in C-Betrieb laufen darf. Bei Dauerstrich-Leistung muss nur für ausreichende Kühlung gesorgt werden. Beim Empfang ist vorerst nur die untere grüne Zeitlinie im PC Display (0...30 s) im Pegel auf den 0 dB Referenzwert (NF-Rauschen vom IC-706) einzustellen. Dabei ist zu beachten, dass wie von Halbleitern bekannt, die Verstärkung bei Erwärmung in diesem Fall um 4dB abfällt. Am 50 Ohm Dummy Load betrieben, werden aber 1,5dB mehr als mit der späteren Antenne durch das geringere Horizont Rauschen  auf 23cm angezeigt.[2] K1JT gibt den maximalen Toleranzbereich mit ±3 dB an. Auf keinen Fall darf ein schmales (CW) Filter eingeschaltet werden. Es kann also jeder normale SSB-Transceiver mit 2,4kHz BW ohne Umbauten verwendet werden, zumal heute auch alle Geräte einen ACC-Anschluss für die Ein- und Ausgabesignale bereitstellen. Der Störaustaster (Noise Blanker) ist recht sinnvoll, da er Impulse aller Art, wie z.B. durch Radar-Anlagen gut eliminiert.  Durch die analoge Technik ist der Aufbau jedoch recht aufwändig und wird bei einigen Herstellers vernachlässigt. Die Störbeseitigung kann aber nur vor einem Quarzfilter wirken. Danach hilft auch keine DSP mehr. Beim IC-706 ist eine gute Wirkung vorhanden[3]. Die obere blaue Linie zeigt später im QSO die Zeitdifferenz der beiden verwendeten PCs von –2s...+4s an.

 

 

 

 

 

Die "Zwillinge"

 

 

Spektrumanalyzer bringt es an den Tag

Die mittlere rote Linie im Anzeigedisplay fungiert wie ein Spektrumanalyzer, allerdings mit 30 s Verzögerung. Das Fenster zeigt  einen  –600...+600 Hz großen Ausschnitt. Als Erstes sollte nun ein 50-Ohm-Abschluss statt der Antenne zur Verwendung kommen. Dabei sind eventuelle Eigenpfeifstellen des Empfängers zu erkennen. Es werden auch solche aufgezeigt, die mit dem Ohr nicht mehr hörbar sind! Beim IC706 sind das nur Wenige [3]. Anschließend sollte man mit der Antenne externe Bereiche ausklammern, die z.B. durch  digitale Umweltverschmutzung gestört werden. Nun zur Empfindlichkeitskontrolle. Wird die Yagi auf die Sonne gerichtet, muss der Rauschpegel ansteigen. Bei uns +4dB in der Displayanzeige bei einem Sfi von 200. Danach kann eine schwache mit dem Ohr noch nicht dekodierbare CW-Bake eingestellt werden. Der Peak zeigt nun Vollanschlag. Er ist auch noch schwach zu sehen, wenn das Ohr nichts mehr hört und wäre als JT44 Information noch lesbar. Dank der deutschen Übersetzung des Handbuches [4] durch Fabian, DJ1YFK sind weitere Bedienmöglichkeiten erkennbar.

Beim Sendebetrieb muss fest-gelegt werden, wer mit den ersten 30s beginnt. Normal immer die westliche Station. Nun wurde der erste Test im Shack durchgeführt. Leider ohne positives Ergebnis. Eigentlich ganz logisch. Beide Anlagen waren trotz Dummy Load mit über S9 Durchschlägen übersteuert. Das schafft nicht einmal ein teurer Labor-Spektrum-Analyzer. Aber da war noch etwas: Der Peak auf der Frequenzachse war zwar noch knapp im Fangbereich, aber er wanderte im 30-s-Rhythmus hin und her, und das trotz Einsatzes eines TCXO (temperaturkompensierter Quarz  Oszillator). Die Auswertung war trotz 20dB reduziertem Träger unstabil. Was nun? Trotz Urlaubszeit wurde ein OCXO-Hersteller gefunden, der zwei 10-MHz-SMD-Module fertigen konnte. Theoretisch ergaben sich durch den 70°C-Ofen nur noch Abweichungen von ±6 Hz bei 0°...50°C auf der 23-cm-Endfrequenz entgegen der bisherigen TCXO-Abweichung von ca. ±1 kHz

   

Eine PLL-Schnellfertigung muss her

Nun hatte die Frequenzaufbereitung natürlich einen krummen Wert als Grundfrequenz und war nicht einfach an den 10 MHz OCXO anzubinden. Zum Anderen war kaum noch Platz im Transverter und so kam nur eine SMD-Platine in Frage. Durch trickreiche Vervielfachung und Mischung konnte ein gerades Teilungsverhältnis für die PLL erreicht werden. Der TCXO wurde zum VCXO (spannungsgesteuert) umgebaut. Das verwendete SMD PLL IC brauchte nun aber eine Datenbussteuerung für die  Teilungseinstellungen. Dazu musste ein MicroController programmiert werden. Freundlicherweise fand sich Thomas, DG6TM, umgehend dazu bereit, sodass die Fertigstellung des PLL-Moduls gerade noch so zum Abreisetag abgeschlossen werden konnte. Nun waren die Transverter besser als die Steuertransceiver, die mit etwa ±30 Hz wanderten, welches aber ausreichend war. Damit wurde auch noch eine softwaremäßige Bandbreitenreduzierung im JT44-Programm ermöglicht, die angeblich die Auswertung erleichtern soll.

 

Die Abreise mit vollem Kombi

Dankenswerterweise hatte sich René, DL2JRM, bereitgefunden die 14-tägige DXpedition mit abzuwickeln. Und so wollten sich beide bei mir einfinden, um neben Proviant, Zelten, Funkgeräten, Antennen und PCs bepackt zu starten. Leider war nun das Auto noch nicht startklar. Aber Otto, DL6YDH hatte sich bereit gefunden Hilfestellung zu leisten und so ging es mit halbtägiger Verspätung los. Obwohl nun aus Zeitmangel keine JT44-Tests mehr durchgeführt werden konnten und erst mal eine längere Strecke ohne Pause gefahren werden sollte, wurde das erste QSO mutig mit 550 km Luftlinie in Nord-Frankreich angesetzt. Glücklicherweise hatte sich René bei Daniel, DL5SE, einen GPS-Empfänger ausgeliehen. Nach etlichen Versuchen wurde dann auch die WW-Locator Anzeige gefunden. Das erste QSO konnte anlaufen. Und gleich eine gute Nachricht: Das Signal war sogar im Lautsprecher zu hören und die Rufzeichen standen sauber im Display. Dann ging es weiter bis zum Rand des nächsten Mittelfeldes. Auch wieder alles ufb. Die im Transverter integrierte DCF-Uhr spielte vermutlich auch noch. Jedoch mussten die PC-Uhren auf beiden Seiten nach jedem Einschalten neu gestellt werden. Das JT44-System verlangt eine Genauigkeit von kleiner ±1 s, wobei beim Einstellen durch Tastendruck schon einige Zehntel als Fehler auftraten. Dazu später mehr. Danach ging die Fahrt erstemal weiter in Richtung des französischen Fährhafens St. Malo. In der Normandie mit einer Entfernung von 770 km wurde der nächste Test gestartet. Es wurde langsam dunkel und das Ausrichten der Antenne nach der Winkelberechnung des PCs mit dem Kompass war nicht gerade einfach. Bei mir war Dauerregen angesagt und im Display war nichts zu sehen. Dann wurden die PC-Uhren nochmals überprüft. Nun ging es plötzlich und auch wieder hervorragend, obwohl die Dudeltöne im Lautsprecher recht leise waren. Für CW hätte das nicht gereicht. Auf beiden Seiten war  die Begeisterung groß.

 

 

 

 

Rene, DL2JRM, macht schonmal den Grill an. Noch war es eine Stunde Zeit bis zum Sked.

Hier im Großfeld JO00WA

Mit der Fähre zu den Sonneninseln

Die Autofähre war modern und vor allem mit 32 Knoten sehr schnell. Entsprechend war aber auch der Preis, welcher einen Großteil der ganzen DXpeditioskosten ausmachte. Durch ein Rückfahrticket war es etwas günstiger. Allerdings wurden dadurch die Aufenthaltstage pro Insel vorbestimmt. Auf Jersey angekommen begann der Linksverkehr auf superschmalen Straßen. Der Campingplatz wurde aufgesucht und alle Funkgeräte aktiviert, bzw. die Antennen installiert. Schon am Abend konnte ein weiterer Test auf 23 cm gestartet werden. Leider ohne Erfolg. Erst nach vier Anläufen klappten die QSOs. Der Zeltplatz lag zwar recht frei in Richtung Osten, jedoch erfolgte offenbar durch die 200 m hohe vor-gelagerte Bergkette der französischen Nordküste eine Abschattung. Also ein Härtetest für das System. Im Lautsprecher des IC-706 war absolut nichts zu hören, aber im PC-Display erschienen die notwendigen Rufzeichen für ein QSO. Das war wirklich erstaunlich. Auf der PC Sync-Skala mit dem Bereich 0...10 erschienen Anzeigen von 1...2 oder auch 3 und ein Stern. Ein Zeichen dafür, dass die Computer Kontakt aufgenommen hatten. Die Pegelanzeige mit dem Bereich –39...0 dB unter dem Rauschen zeigte stark schwankend im Mittel –25 dB an und auf dem grafischen Display war ein kleiner Peak zu sehen, sodass auch jederzeit die Frequenzabweichung, die ebenfalls in Hz angegeben wird, beobachtet werden konnte.

Nun war MJ/DL3OCH/P und MJ/DL2JRM/P mit Land #29 in Europa auf 23 cm geloggt. Würde es wohl auch noch bis Guernsey mit fast 900 km reichen? Nun wollten sich Bodo und René aber erst mal auf Kurzwelle konzentrieren. Als erhofftes Ziel waren 1000 QSOs pro Insel geplant. Nach sechs Tagen ging es weiter nach Guernsey. Der dortige Platz lag mehr hinter Bäumen versteckt und so war der erste 23-cm-QSO-Versuch ohne Ergebnis. Am nächsten Morgen wurde ein Platz direkt am Strand gewählt. Der GPS-Empfänger zeigte 3 m über NN, worin allerdings noch Toleranzfehler stecken. Der Wind war kräftig und die Antenne schüttelte sich nur so. Als ich erste Informationen erhielt, konnte ich noch gerade so am Displayrand die Zeitbake erkennen. Vorsichtig fuhr ich softwaremäßig die Zeit in 1s-Schritten runter. Sofort erschienen Auswertungszeilen und im unteren Ergebnisfeld standen nach wenigen Minuten die Rufzeichen. Ein berührendes Erlebnis, von dem ich bei der Planung nur träumen konnte.

Nun war auch MU als Erstverbindung GU/DL auf 23cm gearbeitet, und die beiden DX-Spezialisten konnten sich mit etwas anderer Betriebstechnik auf KW austoben. Es wurden dann über 11 000 QSOs! Inzwischen hatte sich auch herausgestellt, dass die DCF-Uhren längst nicht mehr synchron liefen und bis 4 s Abweichung hatten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In aller Frühe direkt am Strand. Es war sehr kalt und windig. Ein Wunder das das ging.

 

Zum Schluss ein JT44 Fazit

Es bleibt festzuhalten, das dieses Empfangssystem wirklich funktioniert. Dank sei Joe, K1JT, der das bestimmt mühevoll erarbeitete Programm allen Funkamateuren kostenfrei zur Verfügung stellt. Es erfordert allerdings schon einige Ansprüche an die Funkanlage, besonders was die Frequenzstabilität anbelangt. Weiterhin müssen pfeif-stellen- und störungsfreie Frequenzsegmente ausgesucht werden. Ein großes Problem sind die PC-Uhren, die sogar während des QSOs unstabil waren. Hier wäre eine GPS-Anbindung z.B. über eine USB- GPS Maus auf dem Armaturenbrett die beste Lösung. Auch wenn einmal Anruffrequenzen ausgegeben werden sollten, wird ein Random-Kontakt wegen der vielen zu beachtenden Parameter die Ausnahme bleiben. Allein eine optimale Antennenausrichtung ist bei den kleinen Öffnungswinkeln ohne akustisches Signal schwierig zu händeln, zumal die Display-Ergebnisse mit einer Zeitverzögerung erscheinen. Für DX-Skeds bei bekannten QTH-Locatordaten dürfte sich das Programm aber bestimmt neben bekannten Betriebsarten weiter durchsetzen. Das System wird von den Amateurfunkverbänden anerkannt und kann somit für entsprechende Diplome gewertet werden. Nach erfolgreichem QSO wird der Rapport in der QSL mit “RO“ oder “O“ bekannt aus dem TMO-System eingetragen. Ich wünsche allen Interessierten  viel Erfolg beim JT44 Einstieg.

 

 

 

 

Nach all der Arbeit gibt es eine QSL Karte mit neuem Großfeld.Die MU/MJ Karten sind in der QSL-Gallerie zu sehen.

 

Literatur
[1] WSJT-Version 3.x.x  unter http://pulsar.princeton.edu/~joe/K1JT
[2]

Das Rauschen um die Jahrtausendwende  von

Heinrich F. Reckemeyer, Funkamateur 1/01, Seite 63

[3] Testbericht IC-706 von DJ9YW unter www.qsl.net/dj9yw
[4] WSJT-Handbuch in deutsch unter www.vhfdx.de/wsjt
[5] GPS PC Uhr: www.gross-center/gps-content/gps-clock1.htm,

Tools zum Berechnen des GPS WW-Locator: www.pflicht.de/ekki/software