EME mobil in Monaco

Dieser Bericht wurde in der cq-DL 9-2003 (Seiten 622 bis 624) veröffentlicht.

Bodo Fritsche, DL3OCH

Einige europäische Länder sind von DL aus nur sehr schwer auf 23cm zu erreichen. Monaco zählt mit den vorgelagerten Alpen dazu. Eine Verbindung auf 1,3GHz ist ohne Satelliten Nutzung nur über EME möglich.

Also eine Erde-Mond-Erde Verbindung. Doch wie sollte ich nun eine grosse Station mit aufwendigen Antennen nach 3A bringen. Hinzu kommt noch, dass es dort keinen Platz gibt an dem man in Ruhe eine komplexe EME Anlage aufbauen kann. Die Station musste also sehr klein sein und aus dem Auto betrieben werden können. Eine einzige Yagi musste reichen und die Sendeleistung durfte 100 Watt nicht überschreiten, weil mehr aus Monaco nicht erlaubt sind.

Abschätzung der Dämpfung:

Zunächst möchte ich hier erwähnen, das man sich bei diesen extrem schwachen Signalen im absoluten Grenzbereich befindet. Deshalb ist ein QSO zwischen einer solch kleinen Anlage und Heinrichs Station (4,5m Spiegel)[2] nur im Perigäum möglich. Das ist die erdnächste Position des Mondes. Die Streckendämpfung beträgt dabei 269,5 dB. Im Apogäum, das ist die erdfernste Position, hingegen sind es noch einmal 2,3dB mehr. Für unsere Versuche wäre das bereits zu schwach gewesen. Meine Station ist mit nur einer Yagi sehr klein bemessen. So wird schnell klar, das an jeder Stelle sorgfältig nach Verlusten gesucht werden musste. Ich kürzte also das vorhandene Aircom plus Antennenkabel von 6,3m auf 4,3m Länge. Das brachte 0,31dB weniger Dämpfung und war noch immer lang genug um den Transverter im Auto zu platzieren. Bei einer Senderleistung von 95W kamen jetzt 83W am Dipol an. Die im September benutzte 47 Element Yagi musste noch einmal um einen Meter, auf fünf Meter, verlängert werden. Das brachte 1dB mehr Gewinn mit jetzt 19,7dBd.

Unglücklicherweise kommt noch ein Verlust von 3dB hinzu, weil die Yagi horizontal und die Gegenstation zirkular polarisiert ist. Leider lässt sich jedoch eine zirkular polarisierte Yagi nur sehr schwer realisieren. Die vorhandene Ausrüstung musste also reichen. Nach Heinrichs Berechnungen müsste ich ihn mit –24,7dB aufnehmen. Heinrich sollte mich dagegen mit nur –25,7dB wahrnehmen können. Dieses kann man mit dem WSJT Calculator ab Version 3.0 ermitteln. Dabei ist zu beachten, dass alle Werte nur mit "Komma" eingesetzt werden dürfen! Die vorgenannten Signaldaten wären für die Auswertung mit WSJT-JT44 gerade noch ausreichend. Das Programm benötigt Signale von mindestens –27dB. Etwas Reserve musste mit eingeplant werden, weil noch viele kleine Faktoren darüber entscheiden, ob eine Verbindung möglich ist oder nicht. So kann die Yagi auf dem Auto zum Beispiel nicht so optimal nachgeführt werden wie ein Spiegel mit Rotor.

 

 

 

 

 

 

59 Element-Yagi 

Erster Aufbau mit Problemen:

Zunächst war es notwendig, die modifizierte Yagi schon einmal im Voraus aufzubauen und auf Schwachstellen zu untersuchen. Mechanisch gesehen ist eine fünf Meter lange 59 Element Antenne am Auto bereits das Mass der Dinge. Man darf schliesslich nicht aus dem Auge verlieren, das die Antenne während des QSO’s sehr genau nachgeführt werden muss, und mechanisch eine gewisse Stabilität aufweisen muss. Schon bei leichten Winden ist das leichter gesagt als getan. Schnell verdreht sich die Antenne um fünf Grad, ohne das man es gleich merkt. Bei Betrieb ohne Elevationsänderung erwies sich der Mast als stabil genug, weil der Schwerpunkt der Antenne genau in der Mitte lag. Diesmal musste aber mit veränderlicher Elevation gearbeitet werden. Besonders die Spitze des Glasfibermastes erwies sich hierbei als Schwachpunkt. Die Schelle konnte nicht richtig festgezogen werden. Heinrich drehte mir noch ein paar Holzeinsätze, welche einfach in den Glasfiber- Mast eingeschoben wurden. Diese einfache Abhilfe war überaus wirkungsvoll. Um die Verluste im Antennenkabel noch weiter zu verringern, schickte mir Heinrich noch ein anderes Kabel. Das dicke Ecoflex 15 würde noch weniger Verluste gegenüber dem Aircom haben, war aber für den praktischen Einsatz viel zu schwer. Die Antenne hing am Dipol um etwa 5cm herunter. Das hätte keinen Gewinn erbracht. Ich entschied mich daher das gekürzte Aircom zu verwenden. Alle anderen Geräte hatten sich ja bereits bei den letzten Aktivitäten auf den Kanalinseln bewährt.

Theorie und Praxis:

Nun wartete die Praxis mit Ergebnissen auf, wobei sich herausstellen sollte, ob Theorie und Praxis vereinbar waren. Für unseren ersten Versuch wurde der 12.April 2003 noch in DL gewählt. Die Uhrzeit lag mit 18.00 Uhr MESZ dazu auch noch recht günstig, da eine mögliche Sonneneinstrahlung nur noch gering war. Der Aufbau der Anlage verlief diesmal ohne Probleme. Als Zuschauer hatte sich Robert, DL5GAC, angemeldet. Er hat bereits JT44 Erfahrung und will in nächster Zeit auch EME QSO’s durchführen. Der Mond war am Versuchstag leider nicht sichtbar. Zudem wehte ein leichter Wind, was die exakte Nachführung recht schwierig machte. Die Antenne sollte mindestens alle 10 Minuten nachgeführt werden, damit man nicht mehr als +/-2 Grad Abweichung von der tatsächlichen Richtung bekam. Nachdem die WSJT Software gestartet wurde und die Uhren gestellt waren, warteten wir gespannt auf die erste PC-Auswertung der Signale. Schon nach zwei Versuchen waren einige Zeichen sichtbar. Die stärksten Signale brachten ein Synch-Level von 3 und eine Stärke von –25dB. Nach einigen Minuten QSO schob sich eine dicke, schwarze Regenwolke vor die Antenne. Sofort konnte man starke Signaleinbrüche beobachten. Nachdem die Wolke vorübergezogen war, kam das Signal mit gewohnter Stärke zurück. Das heisst allerdings nicht, das für EME Betrieb immer schönes Wetter sein muss. Ganz im Gegenteil. Bei sehr schönem Hochdruckwetter kann es sogar schlechter gehen als bei leichtem Nieselregen, abhängig davon ob eine Inversionswetterlage die Durchlässigkeit erschwert. Nach dem ersten erfolgreichen QSO über den Mond, blieb noch genügend Zeit um diverse Messungen und Versuche durchzuführen, welche wir live am Telefon miteinander abstimmten. Eine solch stabile Verbindung und so gute Signale hätten wir wirklich nicht erwartet. Das gab uns Mut zu mehr. Dies war wohl die erste EME Verbindung von einer Mobilstation, wenn auch standmobil [3].

 

 

 

 

 

 

Die Mobilstation

Probleme mit Software:

Noch mehr als die HF und die Mechanik, wartete jedoch die Software mit Tücken auf. Auf einige Probleme und Erfahrungen möchte hier hinweisen, wobei ich nicht alles ansprechen kann. Viele Dinge muss man einfach ausprobieren. Das Problematischste ist nach wie vor das genaue Stellen der Uhrzeit am PC. JT44 akzeptiert Abweichungen von +/-1s im Bereich von -2 bis +4 Sekunden. Hierbei ist zu beachten, dass das Signal etwa 2,5 Sekunden benötigt um wieder auf der Erde anzukommen. Mehr als eine Sekunde Unterschied sollten die beiden Stations-PCs hierbei möglichst nicht aufweisen. Heinrich besorgte sogenannte GPS Mäuse, die problemlos an den Laptop angeschlossen werden konnten. Zum Navigieren gibt es da zum Teil sehr komfortable Software zum kleinen Preis. Beim Stellen der Uhr sieht die Situation ganz anders aus. Das Programm NMEA Time [4] erwies sich hierbei als das Sinnvollste. Leider ist es nicht möglich, die Uhrzeit auf UTC zu stellen, da das Programm sofort erkennt in welcher Zeitzone man sich befindet. Dementsprechende Korrekturen bei WSJT [5] sind hierbei zu beachten, weil ja die exakten Monddaten berechnet werden müssen. Ein weiteres Problem ist, das die GPS Maus die serielle Schnittstelle benutzt, welche bereits für die Steuerung der PTT reserviert war. So musste ich zuerst die Uhr stellen, dann die Geräte umstecken und anschliessend den Laptop neu starten, weil die COM1 noch blockiert war und die PTT sofort nach dem Einstecken einschaltet. Nach dem erneuten Hochfahren des Laptops hat man wiederum eine Abweichung zur tatsächlichen Uhrzeit. Diese lag aber noch im Bereich der zulässigen Toleranz, welche man jedoch auch softwaremäßig mit WSJT anpassen kann. Ich habe die WSJT Version 2.2.2 benutzt. Diese lief bei mir sehr zuverlässig.

Heinrich verwendete die Version 3.0. Anfangs gab es erhebliche Denkprobleme bezüglich des Dopplers. Der Doppler ist ein Frequenzversatz durch die Bewegung des Mondes und macht die Ursprungsfrequenz auf 23cm bis zu 3kHz langsamer oder schneller. Die Irritationen wurden noch dadurch unterstützt, dass in Nord-Süd Richtung durch Zufall auch der VK3UM Doppler funktionierte. Dieser wird normal bei CW QSO´s verwendet, wo üblicherweise dann das eigene Echo durch verschieben der TX Sendefrequenz auf das Signal der beginnenden Station gelegt wird. Bei JT44 wegen der Mehrtonausstrahlung kaum machbar, zumal  die Signale auch zu schwach wären. Darum ist dort die Sked Frequenz auf beiden Seiten immer die "Gleiche". Um nun die Gegenstation hören zu können, muss neben dem Rufzeichen auch der Partner-Locator mit eingegeben werden. Nun zeigt das Display den QSO Partnern jeweils den errechneten richtigen Doppler für die RX Rit Einstellung an, wobei die TX Frequenz mit "lock" eingefroren werden kann. Das eigene Echo ist dort natürlich dann nicht zu hören und wird ja auch nicht benötigt.

Die rote Linie in der WSJT Programm Grafik zeigt den Verlauf der NF, von +/- 600Hz. Das entspricht dem Frequenzgang des Gesamtsystems. Wie man unschwer erkennen kann, fällt diese links nach unten ab. Zunächst hatten wir dafür keine Erklärung, bei späteren Messungen erkannte ich aber das Problem. Der Grund lag an der nicht linearen Übertragung der NF durch die Soundkarte. Bei Verwendung des Mikrofoneinganges wurde die Übertragung wesentlich linearer, erforderte aber eine softwaremässige Anpassung, da der Eingang sehr viel empfindlicher war.

 

 

 

 

mobil in Monaco

EME aus Monaco:

Gerüstet für eine Erstverbindung 3A-DL ging es am Mittwoch den 16. April 2003 auf die Reise. Ich bepackte den Passat und machte mich bei herrlichem Sonnenschein auf den Weg nach Monaco. Der Mond stand um 20.00 Uhr UTC günstig und passte zu unserer QSO Planung. Je später je besser, denn einen günstigen Standort findet man im kleinen Prinzentum sogar nachts kaum. Trotz meiner relativ guten Ortskenntnisse muss man in Monaco immer auf Überraschungen durch lästige Kontrollen gefasst sein, obwohl alles legal war. Als ob ich es schon geahnt hätte, war der große Parkplatz am Hafen gesperrt. Ganz in der Nähe hatte ich jedoch Glück. Ich entschloss mich, direkt vor einen parkenden LKW, die Station zügig aufzubauen und das QSO zu fahren. Mit etwa zweistündiger Verspätung war die Antenne auf den diesmal sichtbaren  Mond gerichtet und die Geräte für ein QSO bereit. Ein kurzes Klingelzeichen an Heinrichs Telefon, zeigte ihm das ich QRV war. Schon nach einer Minute las der Laptop –24dB starke Signale mit einem Synch-Level 4. Das übertraf nun wirklich all unseren Erwartungen. Schon nach wenigen Durchgängen war bis auf 2 Buchstaben der komplette Text zu lesen. Das Nachführen der Antenne war im hellen Licht des Mondes besonders einfach. Um im Parkverbot nicht weiter für Aufsehen zu sorgen, baute ich gleich nach Beendigung des QSO’s die Antenne ab und machte die Sitze für die Weiterfahrt zum Nachtquartier in Seborga frei. Von dort funkte ich vor Jahren unter T00CW. Für die nächsten Tage standen dann noch  KW- Aktionen aus Monaco auf 160m, 80m und 40m auf dem Plan. Somit konnte ich vielen OM’s auch noch zu einem neuen Bandpunkt auf den Low-Bands verhelfen.

 

 

 

 

Die QSL Karte gab es direkt aus Monaco.

Der Pfeil markiert das QTH.

Weiteres:

Jetzt bloß nicht nachlassen. Die nächsten Aktivitäten sind bereits geplant. Im September 2003 werde ich von TK und IS0 über den Mond QRV sein. Zwischendrin sind kleinere Aktivitäten von HB0 und 3A auf dem Plan. Ausserdem ist Heinrich dabei, eine zirkulare Yagi zu entwickeln. Dies würde abzüglich der Zirkularlogik dann etwa +2dB mehr Gewinn bringen.

Die Leistungsfähigkeit von JT44 ist wirklich überwältigend und fasziniert mich besonders wegen seiner Einfachheit. Immer wieder stecken wir neue Ziele ab und es macht Spass bis an die Grenze der Möglichkeiten zu gehen. Wenn auch gelegentlich kritische Stimmen auftauchen, ist JT44 doch für viele Om´s die weder einen exponierten Standort haben oder für die eine platzmäßig große Antennen auch finanziell nicht möglich ist, ein gewisser Gerechtigkeitsausgleich um auch einmal auf UKW DX zu tätigen.

 

 

 

Literatur und Bezugsquellen:

[1] Heinrich Reckemeyer, DJ9YW: „JT44-Funkbetrieb: Erfolge und Tücken“, cq-DL 3-2003, S.152
[2] DJ9YW- Webseite:      www.qsl.net/dj9yw
[3] DL3OCH- Webseite mit Bildern der Aktivitäten: www.qsl.net/dl3och
[4] GPS PC Uhr: www.gross-center.de/gps-content/gps-clock1.htm
[5] WSJT-Webseite von K1JT: http://pulsar.princton.edu/~joe/K1JT