Rechenanlage TELEFUNKEN TR4 
(English text below)

Eine Anlage dieses Typs (TR steht für Telefunken-Rechner), der damals größte in Europa entwickelte Digitalrechner, war am Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften installiert.  Die Erstinstallation der Anlage kostete 1962 mit Peripherie rund 5 Millionen Deutsche Mark (2,5 Mio. €); 1968 wurde der Preis noch mit 2,7 Millionen Deutsche Mark angegeben.  Bis Mitte 1967 waren 23 Anlagen aufgestellt, davon 19 in Deutschland, 2 waren noch bestellt; vom Nachfolger TR440 waren 1968 bereits 2 bestellt 

Taktfrequenz 2 MHz, Stromaufnahme 2 kW.  Binär arbeitender Parallelrechner mit Halbleiter-Schaltkreisen; Mikroprogramm-Steuerwerk mit auswechselbaren Einschubeinheiten für die Befehle.  Hauptspeicher: Ferritkernspeicher 28 672 Worte und Festspeicher mit 4096 Worten zu 52 Bit (siehe unten), das entspricht etwa 0,2 MB.   Dazu Ferritkernspeicher für 256 Kurzworte (Indexspeicher).  6 Magnetbandgeräte als Hintergrundspeicher und für Ein-/Ausgabe.

Wortstruktur binär: 50 bit, davon 2 Bit Typenkennung 0…3
0 = Gleitkomma: 11 Dezimalen Mantisse, Zahlenbereich 10
±38
1 = Festkomma: 13 Dezimalen im Bereich |x| < 1
2 = zwei Einadreßbefehle: 24 bit (Halbwort)
3 = Alphanumerische Zeichen: 8 X 6 bit

Typische Rechenzeiten (ohne Zugriff im Mittel)
                             Festkomma                                 Gleitkomma
Addition                      4,5 µs                                            20 µs
Multiplikation              30 µs                                             30 µs

Ein­ und Ausgabe

·         Am Rechner angeschlossen sechs Magnetbandgeräte 7 500 Z/s  

·         Lochkarten- und Lochstreifengeräte 

·         Überwachungsschreibmaschine am Kontrollpult

·        Druckausgabe mit alphanumerischem Zeilenschnelldrucker direkt am Rechner

Mechanischer Aufbau
Der Rechner ist in 6 Schränken untergebracht, jeder Schrank ist 0,60 m breit, 1,60 m hoch und 0,45 m tief. Die Schränke enthalten den Rechner einschließlich Netzteil und Speicher.  Rechts schließen sich weitere Schränke für die Ein-/Ausgabekanäle an.  Der Kontrollplatz für den Operateur enthält  das Kontrollpult und die Überwachungsschreibmaschine.

Rund 50 MB Plattenspeicher wurden bald zugefügt. Das erforderte eine neue Struktur für das Betriebssystem. Gisela Hoffmann und Gerd Sapper schrieben Teile der neuen Betriebssystem-Software.  

Das Plattenbetriebssystem (kurz PBS) musste

·         nach außen sich wie ein Bandbetriebssystem verhalten, da Programmiersprachen-Übersetzer und Laufzeitsysteme unverändert weiter laufen mussten; das Lesen von Bibliotheken und Schreiben von ladbaren Programmen musste aber auf dem Plattenspeicher erfolgen

·         den neu gewonnenen Pattenspeicher als Sekundärspeicher statt bisher Bändern verwenden und die Bänder als Tertiärspeicher weiter betreiben. Es gab also reale und auf der Platte nachgebildete Bänder, für deren Benutzung die selben Systembefehle dienten. 

·         mit der Primärspeicherverwaltung ähnlichen Systembefehlen Reservierung, Beschreiben und Lesen von Plattenspeicherblöcken ermöglichen.  

Wann war das?
Anforderungen Sommer 1966, Konzept und Realisierung ab Herbst 1966 bis Mitte 1967.


Waren diese Änderungen nur für das Leibniz-Rechenzentrum oder wurden sie von Telefunken übernommen?
Das Plattensystem wurde von Telefunken als neues TR4-Standard-Betriebssystem übernommen.

Auch damals galt schon die Regel, dass sich alle 18 Monate die Taktfrequenz von Rechnern verdoppelt und der Speicher-Preis halbiert.  Wenige Jahre später wurde der TR4 durch den zehn mal schnelleren TR440 abgelöst. Gisela Hoffmann leitete eine Gruppe, die für eine Übergangszeit ein Betriebssystem auf dem TR440 entwickelte, das es gestattete, das TR4-Programmsystem weiter zu benützen; um den größeren Speicher auszunutzen, verhielt es sich nach außen wie zwei unabhängige TR4.  

A setup of this kind, then the largest digital computer developed in Europe, was installed at the computing center of the Bavarian Academy of Sciences in Munich Germany.  Cost of the computer was about 5 million German Mark (2.5 million US$).  Operating frequency 2 MHz, main storage about 0.5 MB.

About 50 MB disk storage were soon added.  This required a new structure of the operating system.  Gisela Hoffmann and Gerd Sapper were authors of parts of the new operating system.  

The Disk Operating System (short code PBS) had to

When was this?
Requirements in summer 1966, design and implementation from autumn 1966 till mid of 1967.

Where these changes only for the Leibniz-computing center or were they adopted by Telefunken?
The Disk Operating System was adopted by Telefunken as the new standard TR4-operating system. 

Already then was the rule that the operating frequency of computers doubles and the price of storage halves every 18 months.  Few years later, the TR4 was succeded by the ten times faster TR440. Gisela Hoffmann was head of a group that, for a transition period, developed an operating system on the TR440 that allowed to to continue the use of TR4 software; to make use of the larger storage, it worked like two independent TR4's.      

1965

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Photos: TELEFUNKEN Digital-Rechenanlage TR4 Bedienungs-Handbuch 
Teil 1 - Geräte.  Beschr. Nr. AH/IT/ER20 Ausg. 565 Bö (Me)


Waren die Telefunken TR4 und TR440 48-Bit Rechner, 50-Bit Rechner oder sogar 52-Bit Rechner?

Die Wortstruktur wird heute am besten mit "48 + 2 Bit" beschrieben, obwohl diese Bezeichnung zur damaligen Zeit nicht üblich war. 

Der Speicher war tatsächlich in 52-Bit-Worten angelegt. Zwei Prüf-Bit für die Dreierprobe dienten der automatischen Rechenkontrolle und Transportüberwachung; sie waren den Programmierern nicht zugänglich.  Sie wurden von der Hardware ausgewertet und hätten bei Hardwarefehlern zum "Dreierproben"-Alarm geführt.  Ein Programmierer hat also trotz der 52-Bit-Struktur den Rechner als in 50-Bit-Worten organisiert angesehen.  Die Typenkennung (2 Bit) war dem Programmierer zugänglich, diente hauptsächlich - wie die Dreierprobe bei der Hardware - für implizite Plausibilitätsprüfungen und löste die Programmunterbrechung "Typenkennungsalarm" aus; beispielsweise waren Gleitkomma-Operationen nur auf Worten mit Typenkennung Null möglich; das Programm hatte aber die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Für den Anwender unbeschränkt nutzbar waren nur 48 Bit.  Wenn es darum ging, auszudrücken wieviel alphanumerische Zeichen (Typenkennung 3) oder Programmbefehle (Typenkennung 2) ein Text oder ein Programm umfassten, rechnete man für zwei Befehle oder acht 6-Bit-Zeichen (Hexaden) 48 Bit = 1 Wort, sollte der Umfang in Byte angegeben werden, multiplizierte man mit 6.


TELEFUNKEN TR10

Der TR10 wurde 1964 bis 1966 produziert.  10 Anlagen wurden installiert, davon 7 in Deutschland.  Die Worte waren in Hexaden (6 Bit-Elemente) gegliedert, die Wortlänge war variabel.  Der Befehlsvorrat umfasste 30 Befehle variabler Länge mit einem oder zwei Adressteilen. 

 

Serie TR8

Nachfolger des TR4 wurde der zehn mal schnellere TR440; Nachfolger des TR10 die Serie TR8 mit hauptsächlich TR86 auch als Satellitenrechner des TR400 für die Datenfernverarbeitung.  Ähnlicher Rechner aus der Serie TR8 für militärische Zwecke war der TR84 mit anderen Bauelementen und weniger Ein-/Ausgabe-Kanälen.

 

Zu Anwendungen des TR4-Rechners in Forschung und Lehre siehe http://techniksammlung-backnang.de/technik/ant/tr4/tv_afl_0.html

Gerd Sapper Homepage

Update 13.05.2007