How it all started/
Erster Kontakt mit dem Amateurfunk

When I first read this story from a little book (written around 1955) as a little boy, my fascination for HAM-radio started. The book was already old-fashioned by then (in 1975), but I loved the story.

Diese Geschichte aus einem alten Lux-Lesebogen-Heftchen war zwar schon recht überholt, als ich sie 1975 in die Finger bekam, nichtsdestotrotz war damit die Begeisterung für dieses Hobby gelegt. Die Bilder stammen aus einer Zeit, als Selbstbau noch die vorherrschende Art der Stationseinrichtung war.

Da stimmt was nicht...

Glaubt ihr, daß man sich von zu Hause aus, mit Hilfe eines kleinen
Metallkästchens auf dem Schreibtisch, über Länder und Meere hin-
weg drahtlos unterhalten kann, mit Freunden in Kanada, Austra-
lien, Malaya, und zwar zu jeder beliebigen Stunde des Tages? Und
daß Tausende von Menschen, Arbeiter, Studenten, Ärzte, Missionare,
vor allem aber junge Radiotechniker und Ingenieure, täglich diesen
Sport treiben ?
Der Förster Willy Baumleder, 32 Jahre alt, kurz verheiratet, hatte
es auch nicht geglaubt, ja nicht einmal an solche Möglichkeiten ge-
dacht. Bis er an einem kühlen Herbstabend vor zwei Jahren kurz
nach Sonnenuntergang am Rande eines Gartengrundstückes etwas
sehr Verdächtiges entdeckte.
Herr Baumleder war an diesem Tage in seinem Revier auf der
Spur eines wildernden Hundes. Die Spur führte einen Waldhang
hinunter auf ein Tal zu, in dem einige umzäunte Gärten mit Wochen-
endhäusern von Bürgern der nahen Großstadt lagen. Er hatte
seinen braunen Vorstehhund Ajax an der Leine und ließ sich von
ihm auf der aufgegriffenen Fährte abwärts führen. Und dort unten,
direkt am Zaun des mit Tannen umstandenen Grundstücks von
Herrn Druckereibesitzer Matthias Widmann sah er plötzlich, was ihn
stutzig machte. "Da stimmt was nicht ...", war sein erster Gedanke.

Quer über den Boden war in zwanzig Zentimeter Höhe ein blei-
stiftdicker Kupferdraht gespannt. Er kam durch den Lattenzaun des
Gartengeländes und lief etwa sechs Meter weit bis zu einem Birken-
stämmchen. Förster Baumleder pfiff durch die Zähne, vergaß den
wildernden Köter, hinter dem er hergewesen war, und begann die
Sache zu untersuchen. In diesem Augenblick schlug Ajax an.
Baumleder ging in Deckung und harrte der Dinge, die da kommen
sollten. Aus dem Häuschen hinter den Tannen drangen Stimmen
und schwacher Lichtschein. Baumleder wußte, daß Druckereibesitzer
Widmann zur Zeit im Krankenhaus lag. Blinddarmentzündung!
Überdies war keines der Häuschen hier im Talgrund um diese Zeit
noch bewohnt. Dunkle Vermutungen gingen dem Mann im grünen
Rock durch den Kopf.
Ein weinrotes Personenauto näherte sich mit voll aufgeblendeten
Lichtern durch das Dunkel und hielt vor dem Gartentor. Baumleder
sah, daß das Fahrzeng schwer beladen war. Es saß tief auf den
Achsen. Der Fahrer hupte. Man hörte, wie im Haus eine Tür auf-
gerissen wurde, eine Männerstimme rief sehr laut: "Lothar ist da!"
und dann: "Sind sie voll?"
"Knallvoll!" kam es vom Wagen zurück. "Kommt und helft aus-
laden!" Zwei Männer näherten sich vom Hause her dem Wagen,
öffneten den Kofferraum und machten sich an dunklen Kästen zu
schaffen. Das war der richtige Augenblick für Baumleder! Kurz ent-
schlossen tauchte er in voller Größe aus der Deckung auf. Ajax zerrte
angriffsbereit an der Leine.

" Was geht hier vor sich ?" Mit zwei schnellen Schritten hatte der
Förster die Gruppe erreicht. Zwei Köpfe kamen wie der Blitz aus
dem Kofferraum zum Vorschein.
" Was wir hier machen ? Wir laden Akkus aus."
"Akkumulatoren ?" sagte Baumleder. " Was soll das hier in der
Nacht? Sie wissen doch, daß Sie sich auf dem Grundstück von Herrn
Matthias Widmann befinden!"
"Stimmt", sagte einer der Angeredeten, " Widmann gehört zu
unserem Klub, ist mit uns befreundet, sozusagen."
"Das kann jeder behaupten!" Baumleder war verlixt mißtrauisch.
"Aber es stimmt", kam die Antwort, "und wir können's Ihnen
beweisen, Herr Förster!"
"Da bin ich aber neugierig!"
"Wir haben's sogar schwarz auf weiß! Ich hol Ihnen das Papier
gern heraus. Sie können sich inzwischen drinnen den Laden ansehen,
falls Ihnen das alles etwas spanisch vorkommt." Der Sprecher, auf
den nun das volle Licht des Scheinwerfers fiel, sah an sich gar nicht
so übel aus.


"Guten Abend übrigens", sagte er, "Lothar Wirtz ist mein Name, von Beruf Zahnarzt." "Guten Abend!" brummte Förster Baumleder zur Antwort. Er war fest entschlossen, sich hier Aufklärung zu verschaffen. Während zwei der Männer die Ladung Akkus ausluden, schritt Baumleder mit Lothar Wirtz auf das Häuschen zu. Beim Eintritt bot sich ihm ein merkwürdiger Anblick. Hinter großen graugestrichenen Apparaten mit vielen Knöpfen - unverkennbar Funkgeräten - horchte ein Vierter im Schein einer Petroleumlampe, mit einem grünen Blendschirm auf der Stirn und Kopfhörern auf den Ohren, und hämmerte auf einer Morsetaste herum. Der Mann schimpfte, ohne aufzublicken, vor sich hin: "Schon der dritte Dabbeljuh innerhalb von fünf Minuten, man sollte es nicht für möglich halten!" Und gleich hämmerte er weiter.

"Ich glaube, ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig", sagte der Mann namens Lothar, "Dabbeljuh, auf deutsch der Buchstabe W,
ist der Landeskenner, das Kennzeichen für Amateurfunkstationen in den Vereinigten Staaten." Förster Baumleder hatte sich so etwas Ähnliches denken können. Es dämmerte ihm, und er sah sich im Raum um. Während Lothar Wirtz in einem aufgestapelten Haufen Papier nach einem Buch herumsuchte, hatten die beiden Männer von vorhin einen großen Akkumulator hereingewuchtet, hantierten daran und schraubten Drähte an. In der dunkelsten Stubenecke sah man zwei weitere Kumpane, die friedlich auf Gummimatratzen schlummerten. Unter dem Tisch summte eine elektrische Maschine. Der Mann mit den Kopfhörern bediente noch immer unentwegt die Morsetaste, horchte zwischendurch, ganz in sich versunken, auf irgendwelche Quietschtöne,
die aus den Hörmuscheln kamen, und tastete hastig weiter, so, als versäume er etwas. Baumleder schien sein Mißtrauen verloren zu haben. Er fand diese geheimnisvolle Emsigkeit sogar irgendwie interessant." Wir sind nämlich alles Amateurfunker", begann Lothar zu erläutern, er hatte das Gesuchte endlich gefunden. " Was Sie hier sehen, ist eine sogenannte ,Fieldday-Station', eine Tagesstation im Freien mit eigener Stromversorgung." Damit legte er das reichlich abgegriffene Buch vor dem Förster auf den Tisch.
"Rufzeichenliste der deutschen Amateurfunkstellen" las BaumIeder auf dem Einband, und darunter "Herausgegeben von der Deutschen Bundespost". "Sehen Sie hier den Namen des Herrn Widmann, dem das Grundstück gehört!" Lothar zeigte auf eine aufgeschlagene Seite. "Rufzeichen DJ3MM mit voller Adresse. Leider kann er heute nicht mitmachen, wegen seines verflixten Blinddarms. Und hier finden Sie meine werte Person." Er hatte die entsprechende Seite aufgeblättert. "DJ9OK, Lothar Wirtz. Paß habe ich auch, schauen Sie ihn sich an, damit Sie ganz sicher gehen!"

Baumleder winkte ab und ließ sich auf einen der beiden Stühle nieder. "Scheint mir mit rechten Dingen zuzugehen, was Sie hier
treiben", sagte er. Seine Neugier war geweckt. "Mit wem funkt ihr denn überhaupt?" "Mit jedem, der mitmachen will, je weiter weg, desto besser." " Wie soll ich das verstehen ?" fragte Förster Baumleder nach einer Weile.

"Genau wie hier im Widmann-Häuschen", erwiderte Lothar Wirtz, "sind heute Abend Dutzende, wenn nicht hunderte provisorischeFunkstationen in Betrieb, überall in Europa und auch in Übersee. Organisiert wird das Ganze von den nationalen und internationalen Amateurverbänden. Manche Gruppen begnügen sich mit kleinen Zelten im Gebirge oder an einem See, andere sitzen in alten Autos, die ein wenig umgebaut worden sind; manche haben es auch so gut wie wir und sind unter Dach und Fach. All diese Stationen versuchen von heute, Freitagabend um sechs Uhr, bis Sonntagabend um sechs Uhr, mit möglichst vielen anderen und möglichst weit entfernten Amateurstationen in Verbindung zu kommen. Wer in dieser Zeit die meisten Stationen hereinholt und eine besonders große Zahl von Weitverbindungen erreicht - nun, der hat eben gewonnen." "Das Ganze ist also eine Art Wettbewerb ?"
"Richtig, nur daß wir unsere Geschicklichkeit nicht mit der Kegelkugel oder dem Tennisball messen, sondern mit der Morsetaste und dem geschickten Aufbau unseres Kurzwellensenders und der ganzen Station. Es gibt nur eine wichtige Grundregel: Die Sta-
tionen, die beim Wettbewerb gewertet werden wollen, müssen mindestens zwei Kilometer vom nächsten Stromanschluß entfernt aufgebaut sein."


"Und woher beziehen die Stationen dann ihren Strom?"
"Manche aus Batterien. Andere haben sich Benzinmotoren mit
kleinen Dynamomaschinen gemietet. Wir hier machen's mit großen
Lastwagen-Akkumulatoren. Ein Umformer - unter dem Tisch
hören Sie ihn summen -liefert für den Sender die notwendige hohe
Spannung von über 1000 Volt."
"Na hören Sie mal, das scheint mir aber eine gefährliche Sache zu
sein", Baumleder zog seinen unter dem Tisch herumschnuppernden
Hund vorsorglich zu sich heran.
"Da brauchen Sie keine Angst zu haben", hörte man eine Stimme
aus der Stubenecke. "Der Umformer ist gekapselt. Schlimm ist nur,
daß wir alle vier oder fünf Stunden in die Stadt fahren müssen, um
die Akkus neu aufladen zu lassen. Das Zeug hier braucht wahnsinnig
viel Strom."
"Und der Draht draußen?" fragte Baumleder, "da soll einer nicht
mißtrauisch werden!"
"Die Sache ist harmloser, als es aussieht", schaltete sich Lothar
wieder ein. " Wir haben natürlich eine große Antenne aufgehängt
und statt einer Erdverbindung einen zweiten Draht von einer be-
stimmten Länge über den Boden gespannt, der als sogenanntes
Gegengewicht arbeitet. Auch durch diesen Draht fließen die vom
Sender erzeugten Radiowellen. Unser Sender", Lothar deutete
auf ein Metallgestell von etwa einem halben Meter Länge, in dem
man faustgroße Röhren leuchten sah , "dieser kleine Sender ist
rund hundert Watt stark. Ziemlich genau tausendmal weniger
als die Stärke zum Beispiel des Rundfunksenders Stuttgart."
"Und damit wollt ihr nach Amerika kommen?" Baumleder machte
ein ungläubiges Gesicht.
"Geheimnis der Kurzwelle", erwiderte Lothar lakonisch-
Während er sich hinter den Sender setzte und den Mann an der
Taste ablöste, fügte er noch hinzu: "Darüber haben sich schon viele
gewundert!"
So löste sich also der verdächtige Fall "Wochenendhaus Widmann"
in Wohlgefallen auf und klärte sich zur Zufriedenheit der wach-
samen Forstverwaltung.
Wir aber wollen unsere Wald-Funkamateure nicht weiter bei
ihrem Wettbewerb stören. Wir möchten lieber etwas in die Ge-
schichte des Funks zurückblicken, um zu erfahren, was es mit dem
Sport der Funkamateure und vor allem, was es mit den Kurzwellen
auf sich hat. [...]


aus: Heck, Hans-Dieter: Amateurfunker - mit Morsetaste und Mikrophon um die Welt,
Murnau: Lux-Verlag o.J.(ca.1955?)