How
it all started/
Erster Kontakt mit dem Amateurfunk
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Da stimmt was nicht... Glaubt ihr, daß man sich von zu Hause aus, mit Hilfe eines kleinen Metallkästchens auf dem Schreibtisch, über Länder und Meere hin- weg drahtlos unterhalten kann, mit Freunden in Kanada, Austra- lien, Malaya, und zwar zu jeder beliebigen Stunde des Tages? Und daß Tausende von Menschen, Arbeiter, Studenten, Ärzte, Missionare, vor allem aber junge Radiotechniker und Ingenieure, täglich diesen Sport treiben ? Der Förster Willy Baumleder, 32 Jahre alt, kurz verheiratet, hatte es auch nicht geglaubt, ja nicht einmal an solche Möglichkeiten ge- dacht. Bis er an einem kühlen Herbstabend vor zwei Jahren kurz nach Sonnenuntergang am Rande eines Gartengrundstückes etwas sehr Verdächtiges entdeckte. Herr Baumleder war an diesem Tage in seinem Revier auf der Spur eines wildernden Hundes. Die Spur führte einen Waldhang hinunter auf ein Tal zu, in dem einige umzäunte Gärten mit Wochen- endhäusern von Bürgern der nahen Großstadt lagen. Er hatte seinen braunen Vorstehhund Ajax an der Leine und ließ sich von ihm auf der aufgegriffenen Fährte abwärts führen. Und dort unten, direkt am Zaun des mit Tannen umstandenen Grundstücks von Herrn Druckereibesitzer Matthias Widmann sah er plötzlich, was ihn stutzig machte. "Da stimmt was nicht ...", war sein erster Gedanke. Quer über den Boden war in zwanzig Zentimeter Höhe ein blei- stiftdicker Kupferdraht gespannt. Er kam durch den Lattenzaun des Gartengeländes und lief etwa sechs Meter weit bis zu einem Birken- stämmchen. Förster Baumleder pfiff durch die Zähne, vergaß den wildernden Köter, hinter dem er hergewesen war, und begann die Sache zu untersuchen. In diesem Augenblick schlug Ajax an. Baumleder ging in Deckung und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Aus dem Häuschen hinter den Tannen drangen Stimmen und schwacher Lichtschein. Baumleder wußte, daß Druckereibesitzer Widmann zur Zeit im Krankenhaus lag. Blinddarmentzündung! Überdies war keines der Häuschen hier im Talgrund um diese Zeit noch bewohnt. Dunkle Vermutungen gingen dem Mann im grünen Rock durch den Kopf. |
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Ein weinrotes Personenauto näherte sich mit
voll aufgeblendeten Lichtern durch das Dunkel und hielt vor dem Gartentor. Baumleder sah, daß das Fahrzeng schwer beladen war. Es saß tief auf den Achsen. Der Fahrer hupte. Man hörte, wie im Haus eine Tür auf- gerissen wurde, eine Männerstimme rief sehr laut: "Lothar ist da!" und dann: "Sind sie voll?" "Knallvoll!" kam es vom Wagen zurück. "Kommt und helft aus- laden!" Zwei Männer näherten sich vom Hause her dem Wagen, öffneten den Kofferraum und machten sich an dunklen Kästen zu schaffen. Das war der richtige Augenblick für Baumleder! Kurz ent- schlossen tauchte er in voller Größe aus der Deckung auf. Ajax zerrte angriffsbereit an der Leine. " Was geht hier vor sich ?" Mit zwei schnellen Schritten hatte der Förster die Gruppe erreicht. Zwei Köpfe kamen wie der Blitz aus dem Kofferraum zum Vorschein. " Was wir hier machen ? Wir laden Akkus aus." "Akkumulatoren ?" sagte Baumleder. " Was soll das hier in der Nacht? Sie wissen doch, daß Sie sich auf dem Grundstück von Herrn Matthias Widmann befinden!" "Stimmt", sagte einer der Angeredeten, " Widmann gehört zu unserem Klub, ist mit uns befreundet, sozusagen." "Das kann jeder behaupten!" Baumleder war verlixt mißtrauisch. "Aber es stimmt", kam die Antwort, "und wir können's Ihnen beweisen, Herr Förster!" "Da bin ich aber neugierig!" "Wir haben's sogar schwarz auf weiß! Ich hol Ihnen das Papier gern heraus. Sie können sich inzwischen drinnen den Laden ansehen, falls Ihnen das alles etwas spanisch vorkommt." Der Sprecher, auf den nun das volle Licht des Scheinwerfers fiel, sah an sich gar nicht so übel aus. |
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"Guten Abend übrigens",
sagte er, "Lothar Wirtz ist mein Name, von Beruf
Zahnarzt." "Guten Abend!" brummte Förster
Baumleder zur Antwort. Er war fest entschlossen, sich
hier Aufklärung zu verschaffen. Während zwei der
Männer die Ladung Akkus ausluden, schritt Baumleder mit
Lothar Wirtz auf das Häuschen zu. Beim Eintritt bot sich
ihm ein merkwürdiger Anblick. Hinter großen
graugestrichenen Apparaten mit vielen Knöpfen -
unverkennbar Funkgeräten - horchte ein Vierter im Schein
einer Petroleumlampe, mit einem grünen Blendschirm auf
der Stirn und Kopfhörern auf den Ohren, und hämmerte
auf einer Morsetaste herum. Der Mann schimpfte, ohne
aufzublicken, vor sich hin: "Schon der dritte
Dabbeljuh innerhalb von fünf Minuten, man sollte es
nicht für möglich halten!" Und gleich hämmerte er
weiter. "Ich glaube, ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig", sagte der Mann namens Lothar, "Dabbeljuh, auf deutsch der Buchstabe W, ist der Landeskenner, das Kennzeichen für Amateurfunkstationen in den Vereinigten Staaten." Förster Baumleder hatte sich so etwas Ähnliches denken können. Es dämmerte ihm, und er sah sich im Raum um. Während Lothar Wirtz in einem aufgestapelten Haufen Papier nach einem Buch herumsuchte, hatten die beiden Männer von vorhin einen großen Akkumulator hereingewuchtet, hantierten daran und schraubten Drähte an. In der dunkelsten Stubenecke sah man zwei weitere Kumpane, die friedlich auf Gummimatratzen schlummerten. Unter dem Tisch summte eine elektrische Maschine. Der Mann mit den Kopfhörern bediente noch immer unentwegt die Morsetaste, horchte zwischendurch, ganz in sich versunken, auf irgendwelche Quietschtöne, die aus den Hörmuscheln kamen, und tastete hastig weiter, so, als versäume er etwas. Baumleder schien sein Mißtrauen verloren zu haben. Er fand diese geheimnisvolle Emsigkeit sogar irgendwie interessant." Wir sind nämlich alles Amateurfunker", begann Lothar zu erläutern, er hatte das Gesuchte endlich gefunden. " Was Sie hier sehen, ist eine sogenannte ,Fieldday-Station', eine Tagesstation im Freien mit eigener Stromversorgung." Damit legte er das reichlich abgegriffene Buch vor dem Förster auf den Tisch. "Rufzeichenliste der deutschen Amateurfunkstellen" las BaumIeder auf dem Einband, und darunter "Herausgegeben von der Deutschen Bundespost". "Sehen Sie hier den Namen des Herrn Widmann, dem das Grundstück gehört!" Lothar zeigte auf eine aufgeschlagene Seite. "Rufzeichen DJ3MM mit voller Adresse. Leider kann er heute nicht mitmachen, wegen seines verflixten Blinddarms. Und hier finden Sie meine werte Person." Er hatte die entsprechende Seite aufgeblättert. "DJ9OK, Lothar Wirtz. Paß habe ich auch, schauen Sie ihn sich an, damit Sie ganz sicher gehen!" Baumleder winkte ab und ließ sich auf einen der beiden Stühle nieder. "Scheint mir mit rechten Dingen zuzugehen, was Sie hier treiben", sagte er. Seine Neugier war geweckt. "Mit wem funkt ihr denn überhaupt?" "Mit jedem, der mitmachen will, je weiter weg, desto besser." " Wie soll ich das verstehen ?" fragte Förster Baumleder nach einer Weile. "Genau wie
hier im Widmann-Häuschen", erwiderte Lothar Wirtz,
"sind heute Abend Dutzende, wenn nicht hunderte
provisorischeFunkstationen in Betrieb, überall in Europa
und auch in Übersee. Organisiert wird das Ganze von den
nationalen und internationalen Amateurverbänden. Manche
Gruppen begnügen sich mit kleinen Zelten im Gebirge oder
an einem See, andere sitzen in alten Autos, die ein wenig
umgebaut worden sind; manche haben es auch so gut wie wir
und sind unter Dach und Fach. All diese Stationen
versuchen von heute, Freitagabend um sechs Uhr, bis
Sonntagabend um sechs Uhr, mit möglichst vielen anderen
und möglichst weit entfernten Amateurstationen in
Verbindung zu kommen. Wer in dieser Zeit die meisten
Stationen hereinholt und eine besonders große Zahl von
Weitverbindungen erreicht - nun, der hat eben
gewonnen." "Das Ganze ist also eine Art
Wettbewerb ?" |
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